Die Schlacht von Solferino war die Entscheidungsschlacht im Sardinischen Krieg zwischen dem Kaisertum Österreich und dem Königreich Piemont-Sardinien, sowie dessen Verbündetem Frankreich unter Napoleon III.
118.600 Soldaten Piemont-Sardiniens und Frankreichs kämpften gemeinsam gegen etwa 110.000 Österreicher. Damit war Solferino unter den mehr als 300 Waffengängen im 19. Jahrhundert einer der größten und wohl auch grausamsten.
Die Schlacht dauerte an dem langen Sommertag buchstäblich vom Morgengrauen bis zur Dämmerung auf einer 24 Kilometer langen Front. Während man bei den meisten anderen Schlachten die Opferzahlen in etwa kennt, sind sie im Fall von Solferino unbekannt. Man geht von rund 6.000 toten Soldaten auf beiden Seiten insgesamt aus. Etwa 2.000 wurden verwundet. Es blieben etwa 12.000 Kämpfer vermisst.
Professionelle Hilfe fehlte an allen Ecken und Enden, deshalb forderte Dunant Einheimische zur Mithilfe auf. Mehrere Frauen, Kinder und einige Männer halfen mit. "Sono tutti fratelli" wir sind alle Brüder sagten sie zueinander und versorgten jeden Verwundeten ungeachtet seiner Nationalität.
Als Dunant erfuhr, dass die Franzosen österreichische Ärzte gefangen hielten, suchte er den französischen Herrscher auf. Er gestattete den österreichischen Ärzten an dem Hilfseinsatz teilzunehmen. Zusammen mit Dunant praktizierten diese Freiwilligen zum ersten Mal den Grundsatz des späteren Roten Kreuzes: dass alle verwundeten Soldaten neutral und somit gleich zu behandeln sind.
Zurück in Genf arbeitete er fast zwei Jahre lang wie besessen an seinem Buch "Eine Erinnerung an Solferino".
Eine Idee wird Wirklichkeit
Artikel in der Deutschen Illustrierten Zeitung
Einer der Ersten, die Dunant gratulierten, war der Genfer Gustave Moynier, ein brillanter Jurist und erprobter Organisator. Er war Präsident der privaten Gemeinnützigen Gesellschaft Genfs und konnte Dunant für ein Referat vor zwanzig angesehenen Bürgern der Stadt gewinnen, unter ihnen General Guillaume-Henri Dufour.
Die Versammlung beauftragte fünf Anwesende, einen Plan zu erstellen, wie Dunants Idee, "kriegsführende Armeen durch Korps freiwilliger Krankenpfleger zu unterstützen" in die Tat umgesetzt werden konnte. Das Fünfergremium mit der Bezeichnung "Ständiges Internationales Komitee" dem späteren Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) setzte sich zusammen aus General Henri Dufour als Präsident, Gustave Moynier als Vizepräsident, Dunant als Sekretär und den zwei Ärzten Louis Appia, einem Spezialist in Chirurgie, und Théodore Maunoir, einem Mediziner mit internationaler Erfahrung.
Für seine Verdienste erhielt Henry Dunant 1901 gemeinsam mit Frédéric Passy den Friedensnobelpreis.
Das Deutsche Rote Kreuz handelt nach den Sieben Grundsätzen der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung. Die Grundsätze wurden von der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz 1965 in Wien proklamiert.
Die sieben Grundsätze sind
Menschlichkeit
Unparteilichkeit
Neutralität
Unabhängigkeit
Freiwilligkeit
Einheit
Universalität
Genfer Abkommen und Gründung des Roten Kreuzes
Am 22. August 1864 unterzeichnen zwölf Nationen die "Konvention, die Linderung des Loses der im Felddienste verwundeten Militärpersonen betreffend". Es ist die erste aller Genfer Konventionen und Gründungsurkunde aller nationalen Rote-Kreuz-Organisationen. In zehn Artikeln werden Festlegungen zur Hilfe für verwundete Soldaten und zum Schutz der an ihrer Versorgung beteiligten Hilfskräfte getroffen, unter anderem die Einführung des Roten Kreuzes auf weißem Grund als neutrales Schutzzeichen für die Helfer auf dem Schlachtfeld.
Henry Dunant hat diese Verhaltensregeln für den Krieg nicht erfunden. Frühere Abhandlungen zum Thema finden sich schon im 14. Jahrhundert bei Giovanni da Legnano oder im 17. Jahrhundert bei Hugo Grotius. Doch diese Schriften waren rechtsphilosophische Arbeiten, erst Dunants Engagement führte zu einem völkerrechtlichen Vertrag, der bindende Regeln zur Kriegsführung für die Vertragspartner festlegte. Die Genfer Konvention wurde innerhalb kürzester Zeit von allen unabhängigen Staaten angenommen.
Dunant gerät ins Abseits und stirbt verarmt
Dunants Ideen breiteten sich über den ganzen Globus aus, ihr Verfasser aber geriet ins gesellschaftliche Abseits. Über seinen Einsatz für die Menschlichkeit vernachlässigte er seine ohnehin schlecht laufenden Geschäfte. Seine Schulden wuchsen, 1864 wurde ihm ein betrügerischer Bankrott bescheinigt. Das Komitee des Roten Kreuzes schloss seinen Gründervater aus.
20 Jahre irrte Dunant durch Europa, er fristete ein Dasein als Clochard, schlief in Bahnhofshallen und auf Parkbänken. Schließlich verkroch er sich in einem Dorf am Bodensee, wo er sein Leben von einer bescheidenen Leibrente bestritt, die seine Familie dem Verstoßenen gewährte.
Erst wenige Jahre vor seinem Tod entdeckte ihn die Öffentlichkeit wieder, dank eines Zeitungsartikels, der an seine Verdienste als Gründer des Roten Kreuzes und des humanitären Völkerrechts erinnerte. 1901 schließlich erhielt er den Friedensnobelpreis, den ersten, der je verliehen wurde. Das Preisgeld aber rührte er nie an, verbittert und mit Depressionen ringend, verbrachte er die Zeit bis zu seinem Tod im Oktober 1910 im Hospital.
Gedenken an den Gründer am Ort seiner Idee
Heute jährt sich der Jahrestag der Schlacht von Solferino zum 150. Mal. Tausende Rotkreuzler aus aller Welt kommen in Norditalien zusammen, um Dunants zu gedenken. Sie werden die Knochenkapelle "Ossario di Solferino" besuchen, in der die Schädel von 1413 Gefallenen der Schlacht aufbewahrt werden. Und sie werden die Widmung in der Kapelle lesen:Den vereinigten Resten
Toter Krieger
Weihet Kränze
Und fromme Gebete
Feinde im Kampfe
Ruhen sie im Frieden des Grabes
Beisammen als Brüder.
Alle sind Brüder, tutti fratelli. Das bleibt bis heute die Botschaft dieses lausigen Geschäftsmannes, dieses großen Menschenfreundes Henry Dunant.